Rede zum Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes

Stefan Schusters Rede zur Ersten Lesung zum Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes und des Bayerischen Krankenhausgesetzes

  • von  Team Schuster
    14.12.2021
  • Beiträge, Innenpolitik, Landtag, Reden, Videos

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Unser Rettungsdienst arbeitet gerade am Limit. Die Einsätze werden derzeit unter größter Anspannung gefahren. Wir befinden uns mitten in einer Pandemie und wissen, wie wichtig die Arbeit unserer Hilfsorganisationen ist. Ihnen einen ganz herzlichen Dank!

Umso wichtiger ist es für die SPD, dass wir gerade in dieser Situation ein deutliches Signal aus dem Hohen Haus senden. Wir stehen hinter unseren Hilfsorganisationen. Wir stehen hinter unserem Rettungsdienst. Wir stehen hinter den vielen Ehrenamtlichen, die Tag für Tag für die Menschen in Bayern da sind. Wir wollen beim Rettungsdienst und bei der Gesundheitsversorgung keine Privatisierungen. Es geht um Daseinsvorsorge. Ein Rettungswagen muss zu jedem und jeder kommen, egal ob er oder sie reich oder arm ist. Deshalb bin ich froh, dass nach langem Ringen nun endlich der Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes vorliegt.

Der Europäische Gerichtshof hat schon im März 2019, also vor über zwei Jahren, entschieden, dass sowohl bei der öffentlichen Auftragsvergabe für die Betreuung und Versorgung von Notfallpatienten in einem Rettungswagen als auch bei der Vergabe des qualifizierten Krankentransports eine Ausnahme von der Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens möglich ist, wenn die Leistungen von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden – das ist die sogenannte Bereichsausnahme. Leider konnten wir das in Bayern nicht umsetzen, weil nach unserem Gesetz ausdrücklich auch private Unternehmen beauftragt werden konnten. Andere Länder hatten den Vorteil, dass sie so etwas nie in ihr Gesetz geschrieben haben. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom März 2019 war also auch eine Watschn für die Bayerische Staatsregierung, die das Europarecht falsch ausgelegt hat und unbedingt Wettbewerb wollte.

Schon im Februar 2019 hat das Bayerische Rote Kreuz die Umsetzung verlangt.
Ich zitiere:
Ein freier Wettbewerb um den jeweils geringsten Preis? Was bundesrechtlich längst möglich ist, deklariert die Politik in Bayern als nicht umsetzbar Das Bayerische Rote Kreuz fordert: Schluss mit dem Ausschreibungs-Unsinn!
Lieber Innenminister Herrmann, hätten Sie damals doch schon auf das BRK gehört – aber besser spät als nie!

Wir sollten in Zukunft aber wirklich darauf achten, dass die Daseinsvorsorge Vorrang vor Wettbewerb hat. Dass ausländische Investoren unsere Rettungsdienste übernehmen, mag ich mir nicht vorstellen.

Der Gesetzentwurf, den Sie jetzt eingebracht haben, ist grundsätzlich zustimmungsfähig. Gegenüber dem Referentenentwurf sehen wir deutliche Verbesserungen, und wir spüren einen Paradigmenwechsel. Der Rettungsdienst als eigene Säule der Gesamtversorgungssituation in Bayern erfährt die Anerkennung, die ihm zusteht. Es ist gut, dass sich die Staatsregierung in diesem Punkt noch bewegt hat. Sie wissen, dass viele Detailfragen offen sind. Das Innenministerium hat zugesichert, diese Fragen auf Vollzugsebene zu lösen. Ich hoffe, das wird gelingen. Wir werden das kritisch begleiten. Zum Beispiel bei Artikel 43, wo es um die Qualifizierung Ehrenamtlicher geht, haben wir jetzt eine Übergangsfrist von vier Jahren, diese könnte aber auch länger sein. Sie wissen, wie wichtig uns die Anerkennung des Ehrenamtes ist. Ohne das Ehrenamt könnte unser einzigartiges Rettungssystem gar nicht funktionieren. Wenn schon bestimmte Qualifizierungen vorgeschrieben werden, dann erwarte ich auch Unterstüt-zung bei der Umsetzung. Die Leistung für die Gemeinschaft muss anerkannt werden. Dann müssen auch Freistellungen möglich sein. Wir müssen unsere Kultur des Ehrenamtes pflegen. Das ist gelebte Solidarität.

Wir unterstützen ebenfalls den Aufbau eines Bayerischen Notfallregisters, das auch im Entwurf enthalten ist. Das macht auch eine kleine Änderung des Krankenhausgesetzes notwendig. Das ist sinnvoll.

Genauso ist es richtig, den Telenotarzt einzusetzen. Wir müssen auch digitale Mittel nutzen, um schnell Hilfe zu leisten, wo das möglich ist. Klar ist aber auch, dass dies nur eine Ergänzung sein kann, also kein Ersatz für den Notarzt vor Ort.

Eine flächendeckende Notfallversorgung muss überall in Bayern sichergestellt sein. Ich bin deshalb auch froh, dass die 12-Minuten-Frist bleibt, die Sie im ersten Entwurf praktisch streichen wollten. Die Frist wird heute schon oft nicht eingehalten, aber damit hätte sich unser Rettungsdienst massiv verschlechtert, gerade im ländlichen Raum.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Entwurf ist aus unserer Sicht gut und wichtig. Er stärkt unsere Hilfsorganisationen und das Ehrenamt. Die SPD wird ihn daher wohlwollend in den Ausschüssen beraten.